Montag, 20. April 2009

Polemik, moralinsauer: Sex, Geld und Gummies

Ich erlaube mir einmal, drei Suchbilder nebeneinander zu stellen und lade dazu ein, über diese zweimal nachzudenken. Die Aufgabe ist leicht, aber lösbar: Suche die Konstante in allen drei Bildern und benenne sie!

Bild 1: Die No Angels Sängerin Nadja Benaissa ist in Haft, weil sie vermutlich mit mehreren Männern geschlafen hat, ohne auf ihre HIV-Infektion hinzuweisen. Mindestens einer der Männer habe sich bei dem ungeschützten Geschlechtsverkehr infiziert.

Bild 2: Die Neckarwiesen sind insbesondere nach den Wochenenden ordentlich zugemüllt und damit unbrauchbar für Spätaufsteher. Ein Mann wird dabei beobachtet, wie er in Beisein seiner Kinder Müll in ein Gebüsch entsorgt.

Bild 3: Bänker haben zuerst durch faule Kredite und Bilanzfälschungen der Weltwirtschaft großen Schaden zugefügt, fordern nun Bonizahlungen und Abfindungen. Steuerbetrüger machen Deals mit der Staatsanwaltschaft und leben zwar vorbestraft, aber luxuriös in Freiheit.

Na, die Konstante gefunden? Dachte ich mir, das war ja dieses Mal wirklich leicht: „Verantwortung“ war das gesuchte Wort! Fangen wir doch mit Bild 1 an und arbeiten uns langsam vor:

Es ist natürlich verwerflich, eine Infektion zu verschweigen und so andere in Gefahr zu bringen. So etwas tut man nicht! Doch niemand zwingt unschuldige Männer zum Beischlaf, auch nicht zu ungeschütztem (eher ist es umgekehrt: Aus dem weiten Geschäftsfeld der Prostitution wissen wir, dass Freier allzu gerne dazu bereit sind, etwas mehr zu zahlen, wenn die Prostituierte auf ein Kondom verzichtet). Nach 20 Jahren Aids-Aufklärung scheint es noch nicht in den Köpfen angekommen zu sein, dass Kondome nicht nur vor Ansteckung schützen können, sondern auch vor der Verbreitung der Infektion. Also: Wer sein Ding in blindem Vertrauen einem/r Fremden ohne Gummi reinsteckt, der ist gelinde gesagt nicht nur nicht bei Trost, sondern auch selber Schuld, wenn er sich ansteckt. Hinterher jammern und die Frau anzeigen bringt sowieso nichts mehr.

Ach, es ist natürlich immer besonders spießig, andere Menschen auf deren Sorglosigkeit anzusprechen und sie deswegen zu tadeln. Wer was auf sich hält, hat das aufgegeben, man möchte nicht als konservativ gelten oder gar als Querulant. Als ob nicht schon längst die gesamte Gesellschaft konservativ und querulantisch wäre! Nein nein, bewahre! Die Sorglosigkeit des einen ist leider oft das Leid der anderen. Wenn es in hässlicher Tristesse wie z.B. Mannheim doch noch einen Flecken duftenden Grüns gibt, dann scheint es doch logisch, diesen erhalten zu wollen, schon im eigenen Interesse? Leider gilt hier, wie bei so vielen Dingen des Alltags, die Devise, dass andere meinen Unrat schon entsorgen werden. Dafür hat die Stadt doch extra Angestellte, nicht wahr?

Wer so unverschämt nach dem Staat fragt und die eigene Verantwortlichkeit in dessen Hände legt, der braucht sich nicht zu wundern, wenn ihm auch andere Dinge weggenommen werden, wie z.B. das Versammlungsrecht oder auch sein Geld. Und da darf man sich noch nicht einmmal beschweren, wenn Bänker keine Verantwortung zeigen für ihr erfolgloses Tun und mit vollen Händen verprassen, was ihnen nicht gehört. Warum bitte soll ein Bänker oder von mir aus auch Manager besser sein als andere Menschen? Woher kommt blos diese naive Einstellung? Weil große Macht mit großer Verantwortung einhergeht? Da hat wohl einer zuviel Spiderman gelesen: Denn der Bänker ist genau so ein Dummbatz wie alle anderen auch, habgierig, dumm und dabei äußerst verantwortungslos.

Noch'n Beispiel: Warum ist die Abwrackprämie so ein großer Erfolg? Weil die Menschen einen Anspruch darauf haben. Jeder nimmt alles, was er kriegen kann und denkt nicht darüber nach, was das für Auswirkungen haben könnte. Doch wer zahlt die Abwrackprämie am Ende? Diesselben nämlich, die sie in Anspruch genommmen haben, und dazu der Rest der Gesellschaft, der sich ein Auto gar nicht leisten will oder kann, und natürlich deren Nachfahren. Steuergelder, liebe Leute, gehören uns schon längst, wir zahlen sie ja auch. Und was dem Bürger gehört, kann man ihm ohnehin nicht mehr schenken. Wenn hier jemand irgendwem ein Steuergeschenk macht, dann der Steuerzahler dem Staat.

Ein Manager macht es genau so wie jeder andere Bürger, wenn er sein Gehalt und seine Gratifikationen aushandelt. Er nimmt in der Regel das, was im Rahmen seiner Möglichkeiten liegt. Ihm ist es schließlich auch egal, was nach ihm kommt. Er hat seine Ansprüche und macht diese auch geltend. Was soll er denn sonst machen, bitteschön? Soll etwa gerade er darauf verzichten, wo doch "die da unten" ja auch nehmen was sie kriegen können? Wenn Kühe Menschen fressen könnten, sie würden es tun!

Wenn also jeder kleiner Popanz in höchstem Maße selbstvergessen Unverantwortliches tut, dann ist es kein Wunder, wenn es große Popanze ebenfalls tun. Da aber die sogenannten „kleinen Leute“ zahlenmäßig den größeren Teil der Gesellschaft ausmachen, liegt es an ihnen, die Messlatte für Anstand und Verantwortung zu legen, ein Beispiel für andere zu sein und die nervtötende Eigenschaft abzulegen, eigene Erfolge sich selbst und Mißerfolge der Allgemeinheit zuzuschreiben, sie gewissermaßen zu "verstaatlichen".

Wer was ändern möchte, fängt also besser bei sich selber an. Das bedeutet, Verantwortung für sich selber und für andere zu übernehmen und sich eben nicht nur die Rosinen herauszupicken, den Schorf aber der Gemeinschaft aufzubürden, d.h. ficken nur mit Gummi, immer schön selber hinter sich aufräumen und meckern nur, wenn man selber keinen Anlass mehr zum Meckern gibt! Denn wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein! Uppps!

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