Donnerstag, 25. Oktober 2007

Gekreische um die Sicherheit! Und Datenschutz?

Als FarmerBoy noch MetroBoy war, musste er für ein großes Marktforschungsinstitut telefonische Umfragen machen. Was bedeutete: nichtsahnende BürgerInnen zu terrorisieren! Es war nicht auszuschliessen, dass viele Menschen nicht an einer Umfrage interessiert waren, mitunter wg. des Datenschutzes.

MetroBoy akzeptierte dies gerne, obwohl er nur für die beendeten Interviews bezahlt wurde. Er hatte jedoch ein großes, gütiges Herz und entschuldigte sich vielmals für die Störung. Doch er hatte Zweifel an der inneren Konsequenz der zu Befragenden: Denn war es nicht so, dass die meisten Menschen ihre persönliche Sicherheit durch ein Telefongespräch gefährdet sehen, aber völlig bereitwillig an PayBack- und Miles'nMore- Systemen teilnehmen, wo sie sich und ihre Konsuminteressen samt Anschrift für ein Plüschtier pro Jahr an gewiefte Vermarkter verscherbeln?

Und ist es nicht so, dass die selben ach so datenbewegten BürgerInnen sich keinerlei Gedanken darüber machen, was die Videoüberwachungen in Gebäuden und an öffentlichen Plätzen eigentlich so alles aufnehmen? Klaro, die Installationen dienen der Sicherheit der BürgerInnen. Und tatsächlich lässt die Kriminalität in videoüberwachtem Gebiet nach - um sich lediglich in andere Gegenden zu verlagern.

Gewerbe- und Handeltreibende mögen die Videoüberwachung: Sie hält ihnen Diebe, Jugendliche und Störenfriede vom Laden fern bzw. sie werden per Hubschraubereinsatz durch die Polizei entfernt. Alle sind froh, dass das Geld da bleiben darf, wo es einer kapitalistischen Werteordnung gemäß hingehört: Bei den Konsummächtigen! Sollen die Diebe doch bei ihresgleichen klauen, und die Störenfriede sollen gefälligst ihresgleichen stören.

Für FarmerBoy, der früher ja MetroBoy war, ist es eine gute Nachricht, dass die Videokameras in der Mannheimer Innenstadt abgeklemmt werden sollen. Es wird einfach nicht mehr genug gestohlen, als dass sich der Betrieb noch lohnen würde. Eigentlich könnten Handel und Gewerbe ja zufrieden sein, doch es regt sich Protest. "Die Sicherheit! Die Sicherheit der KonsumentInnen!" rufen sie und sehen doch nur ihre Läden leergeräumt.

Was man ja nicht so kapieren mag am Kapitalismus ist, dass der relative Reichtum einiger Weniger die Armut von vielen bedingt. Oder wie CountryGirl zu sagen pflegt: "Man kann das eine nicht ohne das andere haben!" Die Armen jedoch wollen nicht vertrieben werden, sondern sich an prominenter Stelle produzieren und rufen: "Schaut her, da bin ich und Eure Sicherheit ist mir ja sowas von piepschnurz!"

"Jawohl!" ruft da sein einarmiger Kumpel, "ihr wisst gar nicht mehr wie schön das Leben sein kann, weil Ihr ständig die Hosen bezüglich Eurer Zukunft voll habt! Geht nur und kauft Euren noch ungeborenen Kindern eine Rundum- Versicherung, damit sie später für jedes aufgeschlagene Knie und jeden Kratzer Schadensersatz bekommen. Baut Euch von mir aus Alarmanlagen aus purem Gold in Eure Häuser! Aber lasst uns mit Eurer bescheuerten Videoüberwachung in Ruhe!"

Kurzes Getuschel unter den Gammlern, dann spricht wieder der Einarmige: "Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Gönnt den armen Call- Center- Agents die mickrigen paar Euros, die er für ein Gespräch mit Euch verdient! Euer Gelaber tut ihm mehr weh als Euch, und er braucht das Geld tatsächlich! Er verdient mit viel Glück im Monat ungefähr so viel wie Ihr heute beim Shopping ausgegeben habt!"

Leider wird die Ansprache durch einen nahenden Hubschrauber unterbrochen, und bald schon seilen sich vermummte Hundertschaften ab, um die "Gammler" wegen Landfriedensbruch zu verhaften. Man hat Probleme damit, dem Einarmigen Handschellen anzulegen. FarmerBoy indes zieht es vor, noch ein paar Schritte zu gehen!

Doch was hat FarmerBoy, ehemals MetroBoy, aus all dem gelernt? Er hat folgendes gelernt: Sicherheit und Datenschutz sind zwei paar Schuhe! Und aus Sicherheit entsteht Langeweile! Der Beweis: So eine Geschichte könnte sich in Mannheim niemals zutragen!

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