Sonntag, 14. September 2014

Robuste Mandate für katholische Eiferer aus Polen: Zorn ist eine gerechte Sache, oh Jesus!

Na, da waren wir ja mal wieder sauer letzte Woche. Aber ich finde, einmal die Woche sauer sein ist kein ganz schlechter Schnitt! Ich könnte ja auch täglich sauer sein. Oder wild um mich schießen. Tatsächlich bin ich fast jeden Tag über irgend etwas erbost, muss aber nicht über jeden Furz, der mir quer liegt, berichten. Die sammeln sich auf einer Furzrabattkarte, und wenn die Karte voll ist, dann pupse (um im Bild zu bleiben) ich aus, was als unangenehme Einzelheiten auftritt, aber in der Häufung ein Unbehagen, ja sogar Zorn erzeugt. Zorn soll hier als der große Bruder der grenzdebilen Wut verstanden werden, die sich gegen alles und jeden richten kann und daher, so leid es mir tut, institutionell weggeschlossen gehört.

Zorn hingegen ist immer gerecht. Er richtet sich nicht gegen Minderheiten oder einzelne, sondern gegen Zustände. Sinti und Roma sind keine Zustände und erregen meinen Zorn daher nicht, genauso wenig wie Touristen das tun. Der Tourismus hingegen ist ein Zustand, und deshalb darf man ruhig zornig sein über dessen Auswüchse. Die einzige Minderheit übrigens, auf die mit Zorn reagiert werden darf, ist die Regierung, gleich welcher Zusammensetzung: Sie ist gewählt und verfügt über tatsächliche Macht. Ach ja, und Wirtschaftskapitäne! Beides sind ja auch total bekloppte Minderheiten!

Ganz im Unterschied zu der angeblichen, jüdischen Weltverschwörung, die weder Zustand noch Minderheit ist, sondern rein fiktiv. Was beweist, dass ich Teil der jüdischen Weltverschwörung bin, allein weil ich sie leugne. Aber ich fände es unanständig, Zorn gegen eine Fiktion zu empfinden, vor allem, wenn ich selbst Teil und Gegenstand dieser Fiktion bin. Die Regierung aber ist real, und man darf ruhig zornig sein gegen diese Minderheit und auch gegen die Minderheit der Superreichen, die 1 Prozent, die 99 Prozent der Menschen das Leben schwer machen und damit pathologische Kriminelle sind, die auch irgendwie institutionell weggeschlossen gehören, leider aber diese Institutionen selber besitzen und deshalb lieber andere wegschließen. Habe ich schon erwähnt, dass in dieser Welt einige Dinge dramatisch falsch laufen?

Wut richtet sich fälschlicherweise oft gegen wehrlose Minderheiten und ist deshalb ungerecht. Gut, Touristen sind nicht wehrlos, aber nicht alle Touristen sind Feinde. Nicht jeder Palästinenser gehört der Hamas an und nicht jeder Israeli (Muslime wie Juden) wählen die jeweilige israelische Regierung. Nicht alle Radfahrer sind per se das Böse und manche Autofahrer fahren hin und wieder selber Rad und können nicht zugleich böse und gut sein, nein das geht nicht, zumal es ja auch regierungstreue sowie regierungsuntreue Autofahrer gibt und damit nicht alle Mitglieder einer Regierung böse sein können.

Womit bewiesen ist: Nicht die Menschen verdienen unsere Wut, sondern die Zustände, in denen sie sich bewegen, verdienen unseren Zorn! Trotzdem wird mir nicht verständlich, warum so viele Menschen mit Primark- Einkaufstüten durch die Stadt laufen. Ob dies ein Statement ist? So ein "jetzt erst recht - Fatalismus"? Macht mich das zornig oder nur wütend? Andererseits: Primark zu kritisieren, hieße alle Modeketten zu kritisieren: C&A, H&M, Zara, Nike, Adidas - sie alle lassen unter unsäglichen Bedingungen ihre Ware produzieren. Jedoch hat bislang nur eine Näherin von Primark ihren Hilferuf eingenäht. Was Primark nicht schlechter macht als alle anderen, ein Einkauf bei denen dadurch aber auch nicht besser wird.

Daher verstehe ich nicht, warum zum Beispiel ständig zum Boykott jüdischer Waren aufgerufen wird. Da wird eine ganze Gesellschaft verantwortlich gemacht für die Taten ihrer Regierung, die mitunter - jawohl - auf mein ausdrückliches Verständnis stoßen. Keiner sagt jedoch: Kauf' nicht bei Primark, die behandeln ihre Arbeitssklaven schlecht! Jaja, ich weiß: DAS KANN MAN NICHT MITEINANDER VERGLEICHEN! wird da so mancher rufen und hat aus den falschen Gründen recht.

Ich wette jedoch, dass die israelische Gesellschaft demokratischer, pluralistischer, egalitärer und rechtschaffener ist als so mancher Konzern oder die Hamas es ist. Schon allein dadurch erklärt sich meine Sympathie für den israelischen Staat und meine Antipathie gegenüber solchem Mumpitz wie das IS-Kalifat oder ein von der Hamas regiertes Palästina. Wer, der noch einigermaßen bei Trost ist, kann so etwas wollen, Herrgott nochmal? Meine Sympathie gehört aber noch eher den Bewohner*innen der Region, nicht deren "Anführern".

Meine damalige Freundin C. aus Mannheim, die ich sehr geliebt habe, hatte leider die Tendenz, aus einer falsch verstandenen linken Grundhaltung einen latenten Antizionismus, wenn nicht sogar Antisemitismus zu entwickeln. Früher war die "palästinensische Sache" ja mal eine sozialistische. Davon ist aber nichts mehr übrig. Religion zieht halt mehr als die sozialistische Revolution. Ich war erstaunt und auch sehr enttäuscht darüber, wie wenig differenziert sich ein an sich kluger und liebenswerter Mensch über die Probleme in Nahost äußern kann. Der Großteil der Bewohner dieser Region will vermutlich Frieden und Wohlstand und keine Westdeppen, die über den Unrechtsstaat Israel und den angeblichen Freiheitskampf einer klerikalfaschistischen Vereinigung schwadronieren.

Wenn ich von Angela Merkel eines erwarte, dann Folgendes: Wenn katholische Eiferer aus Polen anfangen, Berlin zu beschießen und die polnische Regierung dagegen nichts unternimmt, dann soll bitte die Bundeswehr die katholischen Eiferer so lange beschießen, bis sie klein beigeben oder alle für ihre ach so gerechte Sache krepieren. Und wenn sie sich in Danziger Kindergärten oder Krankenhäusern verschanzen, dadurch Kinder und Kranke als Geiseln nehmen und uns von dort aus beschießen: So What? Kollateralschäden! Ich will ein robustes Mandat, Frau Merkel!

Die katholischen Eiferer aus Polen würden sich auch mit einer Abtretung aller widerrechtlich angeeigneten Ländereien nicht zufrieden geben, genauso wie eine eigene Staatsgründung darin und ein einseitiger Waffenstillstand eher für die Schwäche unserer Regierung stehen würde und eine Vernichtung der Bundesrepublik Deutschland in den Augen der katholischen Eiferer aus Polen rechtfertigen würde. Zumal wir ja wirklich in einem gottlosen Land leben, mit der CDU an der Regierung. Was an sich auch nicht das schlechteste wäre, aber wer will schon so leben? Unter der Knute eines katholischen Kalifats? Jetzt, wo Ratzinger und Meißner endlich weg sind?

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