Montag, 9. August 2010

Die Ausübung unguter Berufe, gekontert mit gut sitzenden Anzügen! Sowas kommt von sowas!

Ich bin sowas von gewieft und abgebrüht! Ich habe nicht nur immer recht (siehe ein paar Posts vorher), sondern werde von allerlei Gegebenheiten erst gar nicht tangiert. So kann ich, wenn ich in der S- bzw. U-Bahn unterwegs bin, völlig unbehelligt meinen Weg fortsetzen, wenn dieses doch ansonsten ungnädige Völkchen der Kontrolleure zum Generalverdacht anhebt und die Fahrgäste auf Fahrscheinbesitz überprüft. Ich muss meinen Fahrschein generell nie hervorkramen und kann in völliger Ruhe mein Buch weiterlesen.

Diese Coolness hat natürlich nur, wer über einen gültigen Fahrschein verfügt, sich aber zu bequem ist, diesen auch vorzuweisen. Oder, wer am Startort aus Gründen des Versagens des Fuhrunternehmens keinen gültigen Fahrschein lösen konnte und es nun nicht einsieht, deswegen übermäßig zur Kasse gebeten zu werden. Dann zieht man es leidlich vor, den Blickkontakt nur lässig zum Kontrolleur zu halten, um dann wieder gelangweilt zum Buch zurückzukehren.

Die Kleidung spielt natürlich eine große Rolle. Zerrissene Jeans und Schlabbershirts sind völlig unglaubwürdig, selbst wenn man ansonsten authentisch im Buch herumblättert. Typen im MitteLook lesen generell keine Bücher und müssen nervös auf dem SmartPhone herumhacken. Diese Nervosität wird mit dem Nichtbesitz eines gültigen Fahrscheines gleichgesetzt und schwupps wird man kontrolliert.

Nein, die Kleidung soll smart und unauffällig sein. Ein leichter Anzug ohne viel SchnickSchnack, schmal geschnitten, das Gesichtchen frisch rasiert mit sparsamen, aber wohligen Duftnoten garniert - so sieht sich der Kontrolleur gerne angetäuscht und freut sich, dass so edle Kundschaft überhaupt bahnfährt. Wenn so einer keinen Fahrschein hat, dann hat er bestimmt eine Sondergenehmigung, denkt er bei sich und lächelt froh vorbei zum nächsten Kunden.

Vielleicht denkt er aber auch: Mein Kursleiter vom Seminar: "Kontrollieren, aber richtig!" hat auch so einen billigen Anzug. Vielleicht ist das einer seiner Kollegen, und ich werde gerade darauf getestet, ob ich anständig angezogene Menschen mit einer Überprüfung des Fahrscheines belästige oder ob ich meine Konzentration lieber auf die ganzes Hartzies im Zug verwende, die ja unseren schönen Sozialstaat kaputtmachen, die Hungerleider sind und die deswegen generell nie Fahrscheine haben, auch weil sie selbst dazu zu faul sind...

Aber hoppla, denkt sich der Kontrolleur: Ich bekam ja bis vor Kurzem auch noch Hartz IV. Aber genau deswegen weiß ich ja auch, wie die alle so drauf sind: Weil die nämlich alle sind wie ich! Nur ich habe jetzt eine BEFUGNIS dazu, andere zu kontrollieren, und wenn ich sonst vollkommen bedeutungslos bin, dass es kracht, kann ich hier wenigstens etwas MACHT ausüben und andere belehren oder mich hämisch freuen, wenn einer mal keinen Fahrschein hat. Hoffentlich ist er nicht allzu klug, sonst erkennt er schnell, was für eine arme Sau ich in Wirklichkeit bin.

Der Kontrolleur weiß nicht: Kontrolleur sein ist kein ehrenwerter Beruf. Denn er unterstellt den Menschen generell Schlechtigkeit und Betrug. Mit so einem Weltbild wollen wir uns aber erst gar nicht abgeben und sagen "Pfui! Was ist das denn für ein doofes Weltbild?" Und Kontrolleure, die noch etwas Ehre im Leib haben, denen ist es schlicht wurscht, ob jemand einen Fahrschein hat oder nicht. Man muss sich ja nicht für jedermann zum Büttel machen lassen - und für Arbeitgeber schon gar nicht!

Polizist ist auch so ein Beruf, dem ein Grundmißtrauen an den Teilhabern einer Gesellschaft zugrunde liegt. Polizist wird keiner, der der Meinung ist, dass die Menschen ihr Leben und die Gemeinschaft mit anderen von alleine hinkriegen. Womit sie vielleicht sogar recht haben. Aber braucht es Straßenkontrollen, um die Welt zu verbessern? Oder verdachtsunabhängige Personenkontrollen (wo ja Leute aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden - so wie kürzlich auf der Fahrt von München nach Innsbruck).

In Erstere bin ich geraten, weil ich angeblich bei rot über eine Ampel geradelt bin. Zwei Personen (später als Zeugen benannt) standen vorne und haben durch ein Gerät gespäht. Da wurde ich etwas weiter angehalten und über mein angebliches Vergehen aufgeklärt. Ich bestritt alles, indem ich darauf verwies, dass die Ampel gerade mal gelb war, als ich sie passierte. Außerdem zweifelte ich an, dass die beiden Zeugen meines angeblichen Vergehens wirklich unparteiisch seien, was mir aber einen etwas ungnädigen Blick seitens der Beamtin einbrachte.

Mir wurde dann noch ein Brief angedroht, als sei die Polizei die Süddeutsche Klassenlotterie. Darin wird man mir jedoch schreiben, dass ich 45 Euro zahlen soll und außerdem einen Punkt in Flensburg bekomme (mein allererster). Und soll ich Ihnen noch was sagen: Ich hatte keinen gut geschnittenen Anzug an! Sowas kommt von sowas! Aber immerhin bekomme ich mal wieder Post...

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